Bautagebuch Teil 2: Speicherstellen vor Schäfchenhimmel

Foto: Sonnenhaus Institut e.V.

 „So klein ist er nur…“ Das war die erste Reaktion von Bauherr Micha Piasentin, als er den LKW mit seinem Speicher in die Straße zum Bauplatz einbiegen sah. Da war der Wärmespeicher für sein Sonnenhaus noch unter der Plane versteckt. Gern hätte er einen Sattelschlepper mit Überlänge gesehen. „Ich hätte ja gern einen 10.000 Liter Speicher gehabt, um noch mehr von unserem Energieverbrauch mit der Sonne zu decken, aber Herr Dirschedl hat mir zu einem kleineren geraten“, erklärt er. Als der Speicher langsam sichtbar wird, murmelt er noch einmal: „Das kann nicht mein Speicher sein…“ – und lacht.

Den Grund dafür, dass der Solarwärmespeicher der Jenni Energietechnik AG „nur“ knapp fünf Meter lang ist und 7.260 Liter anstelle der ursprünglich geplanten 10.000 Liter Wasser fasst, kennt Piasentin natürlich genau. Er wollte ein Sonnenhaus mit Effizienzhaus Standard KfW 40 Plus haben, und dafür war es notwendig, die Kollektorfläche etwas zu verkleinern und stattdessen mehr Platz für Solarstrommodule auf dem Dach zu schaffen.

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Ursprünglich hatte Wolfgang Hilz aus Zwiesel, Sonnenhaus-Planer und Mitbegründer des Sonnenhaus-Instituts, die Solarheizung für das Einfamilienhaus im Münchner Stadtteil Berg am Laim so simuliert: Auf dem Dach sollten 42 Quadratmeter Solarkollektoren installiert werden, für die Zwischenspeicherung der Solarwärme plante er einen 10.000-Liter-Speicher. Auf der noch freien Dachfläche waren PV-Module vorgesehen.

Spezielle Anforderungen an KfW 40 Plus-Häuser

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Der Effizienzhaus Standard KfW 40 Plus hat jedoch spezielle Anforderungen an die Stromerzeugung und Speicherung im Gebäude. Um diese zu erfüllen, mussten sechs Quadratmeter der ursprünglich geplanten Solarthermiefläche zu Gunsten weiterer PV-Module weichen. „Die zur Verfügung stehende Dachfläche mittels Dachüberstand zu vergrößern, kam aus optischen Gründen nicht in Betracht“, sagt Thomas Dirschedl. „Außerdem hätte es zur Folge gehabt, dass bei der Stadt München ein Tekturantrag erforderlich gewesen wäre.“ Das heißt, sie hätten einen Antrag auf nachträgliche Änderung des Bauantrags stellen müssen. Dirschedl und Hilz fanden eine andere Lösung.

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Sie verkleinerten die Kollektorfläche auf 36 Quadratmeter, so dass auf der Dachfläche noch 30 Quadratmeter PV-Module Platz finden. Für eine schöne Optik in der dicht bebauten Siedlung wird das Solarsystem des österreichischen Herstellers SST Solar sorgen. PV-Module und Solarkollektoren haben das gleiche Raster und werden anstelle der konventionellen Dacheindeckung mit Ziegeln in das Dach integriert. Die PV-Anlage wird mit einem Stromspeicher mit einer Speicherkapazität von 6,5 Kilowattstunden kombiniert. Damit kann der Bauherr die Anforderungen an den Effizienzhaus Standard KfW 40 Plus erfüllen – auch wenn der Wärmespeicher nun etwas kleiner ausfällt.

„So groß ist der Unterschied beim solaren Deckungsgrad aber nicht“, sagt Architekt Dirschedl. Mit 36 Quadratmetern Solarkollektoren und dem 7.260 Liter fassenden Wärmespeicher kann die Familie rund 70 Prozent des Energiebedarfs für die Warmwasserbereitung und die Raumheizung mit der Sonne decken. Für den übrigen Wärmebedarf wird ein Holzvergaserkessel mit 25 Kilowatt Leistung des Herstellers Powall eingebaut.

Hoher, schmaler Speicher für gute Temperaturschichtung

Foto: Sonnenhaus-Institut e.V.

Ein Wärmespeicher für ein Sonnenhaus hat einige Besonderheiten. In der Regel ist er hoch und schmal, weil das die beste Voraussetzung für eine gute Temperatur-Schichtung im Speicher ist. Der Speicher wird zweistufig be- und entladen. Unten im Speicher ist die Temperatur kühler (ca. 25 Grad). Dieser Bereich sollte auch kühl gehalten werden, da hier die Solarwärme von Dach eingeschichtet wird. Im oberen Speicherbereich ist die Temperatur wärmer (ca. 60 Grad). Hier wird auch das warme Wasser entnommen. Mit der hohen Bauform und der zweistufigen Be- und Entladung wird das Wasser nicht durchmischt und die Temperaturschichtung nicht kaputt gemacht. Beim Sonnenhaus Piasentin wurde nur der Durchmesser des Speichers auf 1,40 Meter verringert, um das Fassungsvermögen zu reduzieren.

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Hergestellt hat den Wärmespeicher die Jenni Energietechnik AG in Oberburg bei Burgdorf im Schweizer Kanton Bern. Ihr Gründer Josef Jenni hat schon Anfang der 1990er Jahre das erste rein solar beheizte Sonnenhaus gebaut und seither mit seinem Unternehmen Tausende von Großspeichern ausgeliefert.

Versteckt oder inszeniert? Wo steht der Speicher im Haus?

Was gibt es zum Aufstellen des Wärmespeichers zu sagen? Für die Platzierung im Haus gibt es unterschiedliche Möglichkeiten. Eine beliebte Variante ist, den Wärmespeicher sichtbar, zum Beispiel im Flur, zu platzieren und zu „inszenieren“. Zum Beispiel, indem die Treppe darum herum in das Obergeschoss verläuft. Piasentin und seine Frau Daniela haben sich für eine andere Möglichkeit entschieden. In ihrem Haus wurde ein 2 x 2 Meter großer Raum für den Solartank gemauert. Er reicht vom Keller bis unter die Decke des Erdgeschosses. Der Wärmespeicher wird im Wohnraum so nicht sichtbar sein.

Die Firma Schuster Gebäudetechnik in Büchlberg bei Passau, die unter anderem die Sonnenhaus-Heizung und das Solarsystem von SST installiert, hat den Transport des Speichers aus der Schweiz organisiert und vorab einen Eichenring geliefert. Der achteckige Eichenholzring wurde auf dem Boden ausgerichtet und fixiert. In dem Ring ist eine 8 cm dicke alukaschierte PU-Wärmedämmplatte eingesenkt. So ist der Solartank auch von unten gut gedämmt. Um den Stahltank herum hat Jenni Energietechnik in der Produktion eine 20 cm dicke Mineralwolle-Dämmung in zwei Lagen mit Konvektionssperren angebracht.
Der Speicher hat keinen innen liegenden Boiler, das Trinkwasser wird mit einer Frischwasserstation bereitet.

Routiniertes Aufstellen des Wärmespeichers

Foto: Sonnenhaus Institut e.V.

Das Aufstellen des Wärmespeichers ging sehr schnell. Vereinbart war die Anlieferung am Mittwoch, 31. Januar 2018, zwischen 8 und 10 Uhr auf der Baustelle im Münchner Stadtteil Berg am Laim. Um 9.45 Uhr stand der LKW vor dem Bauplatz. Bei dem Über-Nacht-Transport aus der Schweiz inklusive möglichen Staus auf Autobahnen und Berufsverkehr in der Großstadt am Morgen eine beachtliche Leistung. Um 10.15 Uhr stand der knapp fünf Meter hohe Speicher auf seinem Platz im Gebäude. Dann waren noch Feinarbeiten zu erledigen und die Betonplatte über die Öffnung zu hieven. Was natürlich auch wieder der Kran übernahm.

Damit ist ein weiterer Meilenstein beim Bau des Sonnenhauses geschafft. Nun wird das erste Obergeschoss gemauert, die Schläuche für die Lüftung im Haus werden verlegt, und dann geht es schon an das Dach. Wenn das Wetter mitspielt, kann in fünf bis sechs Wochen das Solarsystem montiert werden. Dafür hoffen alle auf ebenso schönes Wetter, wie es am Tag des Speicherstellens war. Etwas frostig bei 6 Grad, aber Sonnenschein und Schäfchenhimmel, ganz so, wie es die Münchner mögen.

Weitere Informationen:

Architekt: Thomas Dirschedl www.sonnenhauskonzept.de

Planung und Installation Sonnenhaus-Technik: Schuster Gebäudetechnik www.schustergebaeudetechnik.de

Solarsystem: SST Solar https://www.sst-solar.com/

Wärmespeicher: Jenni Energietechnik www.jenni.ch

Merkblatt KfW Energieeffizient Bauen (153):
https://www.kfw.de/PDF/Download-Center/F%C3%B6rderprogramme-(Inlandsf%C3%B6rderung)/PDF-Dokumente/6000003465_M_153_EEB_TMA.pdf

BAFA-Förderung für große Solarthermie-Anlagen:
http://www.bafa.de/DE/Energie/Heizen_mit_Erneuerbaren_Energien/Solarthermie/Gebaeudebestand/Innovations_Zusatzfoerderung/innovations_zusatzfoerderung_node.html

Foto: Sonnenhaus-Institut e.V.

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