Winter 2010 – Härtetest für Sonnenhäuser

26.03.2010

Deutschlandweit entscheiden sich immer mehr Bauherren für ein Sonnenhaus; 128 allein im Jahr 2010. Nach den Standards des Sonnenhaus Instituts e. V. gilt ein Gebäude als Sonnenhaus, wenn wenigstens 50 Prozent des Jahreswärmebedarfs von der Sonne gedeckt ist. Voraussetzung ist, dass sie scheint – vor allem in den Wintermonaten.

Laut Statistiken war dieser Winter in ganz Deutschland einer der kältesten seit 50 Jahren und einer der sonnenärmsten. Mit nur 27 Stunden lag die Sonnenscheindauer im Januar fast 40 Prozent, im Februar etwa 37 Prozent unter dem Durchschnitt. Die Experten Sonnenhaus Instituts wollten wissen, wie sich ihr Konzept in der Praxis dieses Winters bewährt. In einer Umfrage sammelten sie Eindrücke und Erfahrungen. Wie also gestaltet sich ein solcher Winter im Sonnenhaus?

Behagliche Temperaturen

Familie Schmid verbrachte in diesem Jahr bereits den sechsten Winter in ihrem Sonnenhaus. Trotz der ungünstigen Nebellage im Landkreis Regensburg entschlossen sich die Schmids 2004 zum Bau eines Solarhauses mit insgesamt 260 qm Wohnfläche. 62 qm Kollektorfläche decken 70 Prozent des Bedarfs an Heizung und Warmwasser. Die Wärme speichert ein 13 Kubikmeter großer, zweistufiger Kombispeicher. Wandflächenheizungen sorgen in allen Räumen des großen Hauses für behagliche Temperaturen, deutlich über 20°C, denn die Schmids mögen es warm.

Das mit einer kleinen Westabweichung nach Süden ausgerichtet Dach dieses Sonnenhauses hat auf dieser Seite eine Neigung von 60°. Lediglich in sehr kalten Nächten bleibt der Neuschnee auf den Kollektoren liegen. Sobald die Sonne scheint, rutscht der Schnee ab und die Kollektoren können uneingeschränkt ihre Arbeit aufnehmen.

Die Zuheizung übernimmt ein 20kW Stückholz-Vergaserkessel, der wie eine herkömmliche Zentralheizung im Keller steht. Aufgrund seines großen Füllraums und der Größe des Pufferspeichers, kann für mehrere Tage auf Vorrat geheizt werden. Die Schmids verbrauchten zwar im Vergleich zu den Vorjahren in diesem Winter etwa 20 Prozent mehr Holz. Mit insgesamt 240 EUR Kosten für die Zuheizung endete für sie die Heizperiode jedoch auch in diesem Jahr nach nur drei Monaten, nämlich am 18. Februar 2010. „Obwohl wir sehr deutlich gespürt haben, dass auch der passive Wärmegewinn durch unsere großen Südfenster in diesem strengen Winter gering war, ist bei uns alles im grünen Bereich. Ich habe den Ofen lediglich einmal pro Woche befüllt und erzielte damit kontinuierlich eine behagliche Wärme im ganzen Haus“, freut sich Thomas Schmid.

Sonnenhaus Holzapfel

Dies kann Bernhard Holzapfel bestätigen. Die 42 qm große Kollektorfläche ist mit einer Neigung von 75° als Vordach an der Südfassade seines Einfamilienhauses angebracht. Der Schnee bleibt darauf auch in den kältesten und schneereichsten Tagen nicht liegen. Die Kollektoren erzielen in Kombination mit einem neun Kubikmeter fassenden Solarspeicher einen solaren Jahres-Gesamt-Deckungsgrad von 77 Prozent für Heizung und Warmwasser. Als Zusatzheizung dient ein einfacher Kaminofen mit integrierter Wassertasche.

Sein gut gedämmtes Holzhaus mit einer Wohnfläche von 208 qm liegt auf 600m Höhe in exponierter Südlage. Dort liegt es zwar über der Nebelgrenze, ist jedoch dem rauen Klima und Wind des Bayerischen Waldes ausgesetzt. Üblicherweise beginnt für die Bewohner dieser Region die Heizperiode bereits im September. Im Gegensatz zu seinen Nachbarn, die auf herkömmliche Heizsysteme setzen, heizte Holzapfel auch in diesem Winter erst Mitte Dezember seinen Holzkaminofen zum ersten Mal ein. Der mit Brennholz beheizte Ofen gibt rund zweidrittel der Wärme an den Pufferspeicher ab, der Rest verteilt sich als Abwärme wegen der offenen Bauweise im ganzen Haus.

„Selbst in diesem Winter brauchte ich mir über den Wohnkomfort keine Gedanken zu machen. Vier bis fünf Wochen ohne Sonne ist für dieses Haus kein Problem“, stellt Bernhard Holzapfel fest, der sein Sonnenhaus seit 2005 bewohnt. „Mit nur einem Ster (Raummeter) Holz für 60 Euro war es den ganzen Winter über warm.“ Seit Mitte Februar deckt die Sonne wieder den gesamten Heizbedarf – für Holzapfel ist damit die Heizperiode beendet.

Sonnenhaus Rathmann

Holger Rathmann und seine Familie verbrachten soeben ihren ersten Winter im neu errichteten Sonnenhaus. Das Haus steht in Sehnde bei Hannover. Laut Statistik gibt es in Norddeutschland deutlich weniger Sonnenstunden als im Süden. Dieser Faktor und die eher geringe Dachneigung von 45° wurden bei den Berechnungen für das Solarhaus der Familie Rathmann berücksichtig. Die Kollektorfläche von 36 qm erreicht gemeinsam mit dem 7,3 Kubikmeter großen Pufferspeicher für das massiv gebaute Einfamilienhaus einen rechnerisch ermittelten solaren Jahres-Gesamt-Deckungsgrad von 67 Prozent.

Bei Bedarf heizt die Familie den Kachelofen im Wohnzimmer mit Holzbrikett ein. Etwa 25kW Wasserleistung gibt der Ofeneinsatz an den Pufferspeicher weiter, die restlichen drei bis vier kW Wärmeleistung kommen direkt dem Wohnraum zugute. „Dass diese Dachform nicht das Optimum sein würde, hatte man uns von vornherein gesagt“, erinnert sich Rathmann. „Allerdings blieb der Schnee nur an den kältesten Tagen im Januar auf den Kollektoren liegen.“ Nennenswerte Einschränkungen gab es auch bei diesem Sonnenhaus trotz der geographisch und saisonal bedingten, geringen Einstrahlungswerte nicht. Bereits ab Februar erwirtschaftete die Solaranlage schon wieder einen Ertrag von 690kWh und versorgte den Pufferspeicher mit bis zu 58°C heißem Wasser.

Ohne Netz und doppelten Boden – 100 Prozent Sonne

Doris Hittler und Harald Schelske leben in ihrem Haus in Kappelrodeck am Rande des Schwarzwaldes die Idee des Solarhauses in letzter Konsequenz: Sie vertrauen ausschließlich auf die Kraft der Sonne. Zu Recht – wie dieser Winter zeigte.

Ohne jede Zusatzheizung legten sie ihr Haus auf eine 100 prozentige solare Deckung aus. Eine Gesamtkollektorfläche von 112 qm, verteilt auf Dach und Terrassengeländer, speist die Solarerträge in einen 42,8 Kubikmeter großen Pufferspeicher. Selbst Fachleuten erschien diese Planung zunächst überdimensioniert. Die beiden Bewohner setzten jedoch ganz bewusst bei ihrem 147qm großen Haus auf eine großzügige Planung. Schließlich gibt es weder einen Kamin für eine mögliche Nachrüstung noch eine Notheizung.

Seit 2005 war in jedem Winter ausreichend Wärme im Tank, um dem Paar während der kalten Jahreszeit durchgängig eine Wohntemperatur von 23°C zu gewährleisten. Nach Ende des Kernwinters war im Speicher immer noch ein Wärmevorrat vorhanden. Auch in diesem Extremwinter hat das Solarhaus den Härtetest mit Bravour bestanden: Die gespeicherte Wärme reichte genau bis zu den ersten sonnigen Tagen im Februar. Die bewusste Entscheidung der beiden Bewohner für eine großzügige Auslegung ihrer Anlage hat sich bewährt: Selbst in diesem Winter bewegte sich das Paar im T-Shirt in ihrem Haus. Das Thema Heizkosten gehört für sie seit Jahren der Vergangenheit an.

Aufgrund der Erfahrungen mit den bisher verwirklichten, gänzlich energieautarken Häuser empfehlen die Solarexperten, die Dimensionierung der Solaranlage mit etwa 20 Prozent Sicherheit auszulegen, um für den denkbar strengsten Winter gerüstet zu sein.

Strenger Winter ohne Komforteinbußen

In einem durchschnittlichen Sonnenhaus, in dem ein Holzofen als Zusatzheizung vorgesehen ist, bedeutet ein besonders strenger Winter keinerlei Einbußen im Wohnkomfort. „Es wurden lediglich ein paar Körbe Brennholz mehr verheizt als üblich“, fasst Hilz die Ergebnisse seiner Umfrage zusammen. „Sehr interessant war für uns außerdem zu erfahren, dass keiner der Befragten das Zuheizen als lästige und aufwändige Arbeit erfahren hat. Ganz im Gegenteil, manche freuten sich regelrecht darauf, ihre Kachelöfen öfter einzuheizen.“

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