Leben im Sonnenhaus (Folge 5): Wenn wir bauen,
wollen wir Unabhängigkeit haben
Die leistungsfähige Termieanlage ist nach Süden ausgerichtet, auf dem Norddach befindet sich die PV-Anlage. Foto: Sonnenhaus-Institut, Sebastian Schels

Die leistungsfähige Termieanlage ist nach Süden ausgerichtet, auf dem Norddach befindet sich die PV-Anlage. Foto: Sonnenhaus-Institut, Sebastian Schels

Vor etwas mehr als zwei Jahren hat die Familie Holzner ihr neuerbautes Sonnenhaus in der kleinen bayerischen Gemeinde Niederwinkling (Landkreis Straubing-Bogen) bezogen. Ein thermisches Sonnenhaus, wie es die Holzners bauten, ist etwas Besonderes: solange die Sonne ihre Energie in die Solarthermieanlage liefert, bleibt der Pufferspeicher gefüllt, um auch im Winter und in den Übergangszeiten für ein warmes Haus zu sorgen. Wird der Speicher an trüben und kalten Tagen leer, nutzt man die Holzfeuerung, um damit den Speicher wieder zu erwärmen.
Dieses besonders klimaschonende Sonnenhaus-Konzept funktioniert ganz ohne fossile Brennstoffe. Was die Sonne nicht liefert, wird mit dem nachwachsenden Energieträger Holz ergänzt.

Einen Beitrag für die Umwelt wollen

Der Pufferspeicher wurde elegant mit der Treppe situiert. Foto: Sonnenhaus-Institut, Sebastian Schels

Markante Optik eines klassischen Sonnenhauses. Foto: Sonnenhaus-Institut, Sebastian Schels

Markante Optik eines klassischen Sonnenhauses. Foto: Sonnenhaus-Institut, Sebastian Schels

Wir führten ein Gespräch mit Christiane Holzner und wollten vieles wissen: Wie sind die ersten beiden Winter verlaufen? Fühlen Sie sich wohl in Ihrem Haus und was hat sie eigentlich bewogen, ein Sonnenhaus zu bauen?
„Unser Freund hat auch ein Sonnenhaus. Auch wir wollten von fossilen Brennstoffen unabhängig sein. Das Konzept Wärmepumpe hat uns aber nie wirklich gefallen. Also haben wir hier in der Region nach einem Architekten gesucht, der Erfahrung mit Sonnenhäuser besitzt, und sind auf Herrn Dasch in Straubing gestoßen. Wir sind mit dem Ergebnis rundum zufrieden“, lautet das Fazit von Christiane Holzner.
Ob oder wann sich die Zusatzinvestitionen rechnen, interessierte die Holzners nicht so sehr: „Damals haben wir die Mehrkosten in Kauf genommen, weil für uns klar war: wenn wir bauen, wollen wir Unabhängigkeit von fossilen Brennstoffen haben. Man muss einen gewissen Idealismus mitbringen, wenn man so ein Haus baut. Und ein gewisses Wollen, dass man einen Beitrag für die Umwelt leistet.

Optik hebt sich vom Umfeld ab

Das Haus der Holzners hebt sich schon optisch deutlich von der umgebenden Bebauung ab: Viele Bungalows im Umfeld, konventionelle Häuser, ein Pultdach gibt es hier kein zweites. Wir möchten wissen, wie die Akzeptanz der Nachbarn so ausfällt. Christiane Holzner beschreibt das so: „Schon am Anfang waren eigentlich alle positiv gestimmt, meinten aber: ,Für uns wäre das eher nichts.‘
Und je länger wir hier sind und die Energiediskussionen laufen, desto positiver wird das Feedback des Umfelds, dass wir es richtig gemacht haben. Heute hören wir auch von denen, die am Anfang eher skeptisch waren, andere Töne: ,Wenn wir das damals gewusst hätten…‘

Familie Holzner hatte bei der Planung weniger Bedenken ob das Haus im Winter warm wird, sondern dass es im Sommer vielleicht zu heiß werden könnte wegen der großen Fenster. „Jetzt wissen wir, dass es im Sommer ein wenig wärmer ist, als in einem konventionellen Haus, aber durch den vorgesetzten Balkon bzw. die Solaranlage, sind die Räume im Süden im Sommer beschattet. Und in der Übergangszeit oder im Winter scheint die Sonne in die Räume. Das ist toll!“

Erfahrungen im Winter

Und wie lief der Winter in puncto solares Heizen? Zwar profitiert der Süden Bayerns von einer hohen Strahlungsquote, aber die Wohnlage nahe der nur 10 Kilometer entfernten Donau bringt gerade im Herbst und Winter viele Nebellagen. Zudem war der erste Winter alles andere als günstig.
Christiane Holzner erinnert sich genau: „21/22 war es ab November durchgehend neblig, erst im Januar gab es manchmal sonnige Phasen. Zwischen Mitte November bis Mitte Februar benutzten wir im Schnitt alle 4-5 Tage die Holzheizung.“
An das Leben in und mit einem Sonnenhaus haben sich die Holzners ganz schnell gewöhnt. Einheizen mit Holz war nichts Neues, denn im alten Haus gab es einen Kachelofen. Also auch der Umgang mit Stückholz war bekannt und nach wie vor werden die Holzners von Ihrem langjährigen Lieferanten versorgt. Interessanterweise war der Verbrauch im alten Haus mit dem Kachelofen genauso hoch, obwohl die gesamte Grundheizung damals fossil erfolgte.

Hell und großzügig: der Koch- und Wohnbereich im EG Foto: Sonnenhaus-Institut, Sebastian Schels

Hell und großzügig: der Koch- und Wohnbereich im EG Foto: Sonnenhaus-Institut, Sebastian Schels

Autarkiequote von 60 Prozent

Familie Holzner hatte erwartet, dass man Handlungsbedarf erst feststellt, wenn die Raumtemperatur absinkt. Aber der Lerneffekt ist subtiler: Wenn der Mischer am Waschbecken weiter auf „Warm“ gedreht werden muss, ist das ein frühzeitiges Indiz, dass die Temperatur im Speicher beginnt abzusinken.
Genug Reaktionszeit, um einen „Heiztag“ einzuplanen, an dem der Holzofen geschürt wird. Eine Ladung reicht für 3 bis 3,5 Stunden. Das wird am Heiztag drei bis vier Mal wiederholt und reicht dann mindestens für vier bis fünf trübe kalte Tage. Wenn es dazwischen einen sonnigen Tag gibt, aber auch viel länger. Was Christiane Holzner besonders schätzt: die Beschickung des Ofens erfolgt über einen separaten Heizraum. weshalb kein Staubentwicklung im Haus entsteht.

Konkret bedeutet das einen Holzverbrauch von fünf Ster Holz. Um genau zu sein, eine Mischung von Weich- und Hartholz zu gleichen Teilen. Für ein stattliches Einfamilienhaus mit rund 216 Quadratmetern Wohnfläche mit einem 4-Personen-Haushalt ein sehr gutes Ergebnis. Bezogen auf den Energiebedarf des Gebäudes für Heizung und Warmwasser ergibt sich eine Autarkiequote von rund 60 Prozent, die rein aus der Kraft der Sonne gewonnen werden. Im Holzlager hinter dem Haus lassen sich maximal 7 Ster unterbringen. Das reicht, um flexibel zu sein.

Unkompliziertes Handling

Wenig gibt es bei der Steuerung der Anlage zu beachten. „Wir genießen es einfach, in einem Haus zu sein, das eine Grundwärme hat und eine angenehme Fußbodenheizung. Auch die Steuerung der Anlage funktioniert relativ einfach und gut.“
Christiane Holzner ist viel draußen, weil sie leidenschaftlich gärtnert. Wenn Leute am Grundstück der Holzners vorbeikommen wird sie schon mal angesprochen: „Einer hat mal geklingelt an der Tür, was wir da am Dach haben. Es interessiert die Leute schon. Auch unsere Kinder finden das toll. Die haben das auch stolz in der Schule erzählt: wir heizen mit der Sonne. Sie bekommen natürlich die permanente Energiediskussion in der Öffentlichkeit mit und finden das jetzt richtig gut, dass wir keine Probleme haben.“

Pressebericht des Sonnenhaus-Institut e.V. vom 07.07.2023

Infos und Daten:

• Energieautarkes Sonnenhaus, Wohnfläche 216 m²
• Zweifamilienhaus in Ziegel und Holzhybridbauweise im KfW Effizienzhaus 40 Standard.
• Erdgeschosswohnung komplett barrierefrei auch an den Terrassenausgängen.
• Solarthermieanlage mit 7260l Wasserspeicher mit ca 420kWh Energiespeichervermögen und 45m2 Bruttokollektorfläche.
• Primärenergieverbrauch spezifisch nach ENEV 9kWh m²/Jahr
• Bilanzierter Energieverbrauch: EffizienzhausPlus-Standard und KfW Effizienzhaus 40 Standard
• 9,86 kWp Photovoltaikanlage mit Batteriespeicher 10 kWh Eigenversorgung mit Strom > 70%
• Optimale Anordnung der thermischen und elektrischen Sonnenkollektoren. Die thermischen Solarkollektoren sind mit 75° Neigung nach Süden orientiert.
• Die PV-Module befinden sich auf dem 15° geneigtem Norddach. Der Ertrag der PV Anlage beträgt 89% im Verhältnis zur optimalen Ausrichtung mit Südneigung (Für die Energieautarkie ist jedoch nicht die Peakleistung entscheidend, sondern der kontinuierliche Ertrag durch direkte und diffuse Einstrahlung.)

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