Positionspapier des SHI an die neue Bundesregierung

Wie geht es weiter mit unserer Energie- und Wärmewende nach dem Regierungswechsel? Die neue Bundesregierung hat unter anderem Änderungen des Gebäudeenergiegesetzes angekündigt.

Das Sonnenhaus-Institut hat im Frühjahr ein Positionspapier erarbeitet, das wir Vertretern der Regierungskoalition vorgelegt haben. Eine unserer Kernforderungen ist es, die Solarthermie zu stärken. In Kombination mit Pufferspeichern kann sie unsere Wärmeversorgung wesentlich nachhaltiger und kostengünstiger machen.
Hier veröffentlichen wir unser Positionspapier zum Nachlesen.

Vorbemerkung

Die Energiewende ist eine der größten Herausforderungen unserer Zeit. Sie erfordert differenzierte Betrachtung der erneuerbaren Energien, insbesondere der Wind- und Solarenergie, sowie innovative Ansätze und Technologien, um die Klimaziele zu erreichen und eine nachhaltige Energieversorgung zu gewährleisten.
Das Sonnenhaus-Institut e.V. setzt sich seit nunmehr zwei Jahrzehnten erfolgreich und intensiv mit Lösungen für die Wärmewende im Gebäudebereich ein. Im Fokus unserer Arbeit stehen seit jeher:
• Vermeidung fossiler Verbräuche
• Praktikabilität und Bürgernähe
• Technologieoffenheit
• Netz- und Systemdienlichkeit
Auf Grundlage unserer Erfahrung benennen wir für die Koalitionspartner in diesem Positionspapier nachfolgende Zusammenhänge und Punkte, um die Energie- und Wärmewende besser voranzubringen und Fehlentwicklungen zu vermeiden:

1. Vielfältige Technologie für eine nachhaltige Zukunft

Die Energiewende, insbesondere die Wärmewende, ist zu einseitig auf Wärmepumpen ausgerichtet. Sie muss andere Technologien wie Solarthermie, Biomasse, Blockheizkraftwerke und innovative Speicherlösungen besser einbeziehen. Dies Technologien bieten unterschiedliche Vorteile mit flexiblem Nutzen.
Unser Vorschlag:
• Alle nutzbaren Techniken je nach regionalen Gegebenheiten und individuellen Bedürfnisse optimal einzusetzen.

2. Berücksichtigung regionaler Gegebenheiten im Sinne von Effizienzsteigerung und Kostensenkung der Energiewende

Die Energiewende muss regional angepasst werden. Die Wind- und Sonnenerträge in Deutschland variieren erheblich je nach Region. Unterschiedliche geografische und klimatische Bedingungen erfordern maßgeschneiderte Lösungen. Eine regionale Betrachtung ermöglicht es, die spezifischen Gegebenheiten optimal zu nutzen und die Effizienz der Energieerzeugung zu maximieren.

Durch die Fokussierung auf regionale Ressourcen können Wind- und Solaranlagen effizienter geplant und betrieben werden. Dies führt nicht nur zu einer höheren Energieausbeute, sondern auch zu einer Senkung der Kosten der Energieerzeugung. Eine einheitliche Vorgabe könnte in weniger geeigneten Regionen zu ineffizienten Investitionen führen, die die Energiewende bremsen.
Unser Vorschlag:
• Statt eine einheitliche Vorgabe von 1,8 % für Windkraftanlagen über das gesamte Land zu setzen, plädieren wir für die Berücksichtigung regionaler Wind- und Sonnenenergie.

3. Wärmewende beschleunigen

Solarthermie hat sich als eine bewährte und effiziente Methode zur Bereitstellung von Wärme etabliert. Sie nutzt die Sonnenenergie direkt zur Wärmegewinnung, um dann in Kombination mit anderen Systemen, wie z. B. Wärmespeichern, eine zuverlässige und nachhaltige Wärmeversorgung gewährleisten.
Durch die Förderung von Solarthermie im Gebäudebereich bzw. bei Nahwärmenetzen im Gebäudebereich können wir die Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen weiter reduzieren und gleichzeitig die Energiekosten für Haushalte senken.
In Kombination mit Pufferspeichern ist die Solarthermie hochgradig wertvoll, um einerseits fossile Verbräu-che zu senken und andererseits Gebäude resilienter zu machen. Sie verfügen damit über Energiereserven aus eigener Kraft und entlasten die Netze.
Unser Vorschlag:
• Heizungsanlagen, die mit fossilen Brennstoffen oder Biomasse betrieben werden, sind unbedingt durch Solarthermie zu unterstützen.
• Gleichstellung der Solarthermie mit der Photovoltaik bei der Mehrwertsteuerbefreiung.
• Abschaffung der Benachteiligung der Solarthermie in Normen und Regelwerken (z. B. DIN V 18599) sowie im Gebäudeenergiegesetz
• Anpassung der aktuellen Normen des GEG: solare Deckungsgrade (thermisch oder elektrisch) von null bis 100 % müssen wieder nachweisbar gemacht werden. Dafür existieren Berechnungsprogramme, die dem aktuellen Stand der Technik entsprechen.

4. Entlastung der Energienetze

Wasser-Wärmespeicher ermöglichen eine flexible Nutzung von erneuerbaren Energien, insbesondere von Solarthermie und anderen regenerativen Wärmequellen. Durch die Speicherung überschüssiger Wärme kann die Energieversorgung bedarfsgerecht gesteuert werden. Dies führt zu einer signifikanten Entlastung der regionalen Energienetze, da Lastspitzen abgemildert und die Netzstabilität erhöht werden. In Zeiten hoher Einspeisung aus erneuerbaren Quellen können die Wasser-Wärmespeicher die überschüssige Energie aufnehmen und bei Bedarf wieder abgeben.
Unser Vorschlag:
• Ein resilientes Energienetz profitiert von resilienten Verbrauchern. Die Fähigkeit von privaten Haushalten, durch Speicherung von Wärme (und Strom) Lastspitzen oder Ausfälle überbrücken zu kön-nen, sollte von der Politik gefördert werden. Resilienz und Regionalisierung sind auch ein substantieller Beitrag zur nationalen (Energie-) Sicherheit.

5. Biomasse zur Überbrückung beim weiteren Ausbau der Energiewende und bei Dunkelflaute

Holz/Biomasse ist ein regenerativer aber limitierter Energieträger insbesondere für Wärmeerzeugung in Gebäuden, der bis auf weiteres eine wichtige Zusatzrolle im Energiemix spielen sollte.
Damit keine wertvollen Ressourcen aus Bequemlichkeit verbraucht werden, muss Sorge getragen werden, dass erneuerbare Energie genutzt wird, solange sie zur Verfügung steht:
„Kein Feuer, wenn die Sonne scheint“ (Josef Jenni)
Unser Vorschlag:
• Keine generelle Ächtung von Biomasse, soweit diese zur Deckung von Spitzenlasten eingesetzt und nicht dauerhaft in der Grundversorgung genutzt wird.
• Gebäude deren Hauptheizung per Holz erfolgt, sind mindestens 30 % durch Solarthermie und einen entsprechenden Pufferspeicher zu unterstützen.

6. Förderung der lokalen Energiewende und Wertschöpfung

Die Entwicklung regionaler Wind- und Solarprojekte, insbesondere der Einsatz von Solarthermie und/oder Wasser-Wärmespeichern fördert die regionale Wertschöpfung und die Effizienz der Energieversorgung. Durch die Implementierung von Sonnenhaussystemen werden lokale Unternehmen in den Bereichen Planung, Fertigung, Installation und Wartung eingebunden und Arbeitsplätze vor Ort geschaffen. Zudem wird die Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen reduziert, was langfristig zu einer nachhaltigeren und resilienteren Wirtschaft führt.
Unser Vorschlag:
• Gleichstellung von Wasser-Wärmespeichern mit Batteriespeichern bei der Mehrwertsteuer-Befreiung.
• Sonnenhäuser als regionale Wertschöpfung und Beitrag zur energetischen Resilienz fördern.

7. Heimische Fertigung und Arbeitsplätze sichern

Nachdem die heimische PV-Produktion vor Jahren durch falsche politische Ansätze zerstört wurde, droht den letzten Produzenten von Solarthermie-Komponenten aktuell das gleiche Schicksal. Thermische Wärmeerzeugung und -speicherung ist bewährte Technik, die ohne teure Rohstoffe in Deutschland produziert wird.
Unser Vorschlag:
• Gleichstellung der Solarthermie mit der Photovoltaik bei der Mehrwertsteuerbefreiung.
• Abschaffung der Benachteiligung der Solarthermie in Normen und Regelwerken (z. B. DIN V 18599) sowie im Gebäudeenergiegesetz

8. Wirksame Maßnahmen, um das Bauen leichter und schneller zu machen:

Hemmende überbürokratisierende Verordnungen müssen vorläufig außer Kraft gesetzt werden, bevor zeitraubende Debatten über Änderungen geführt werden und sich die Krise am Bau inzwischen weiter ausweitet.
Unser Vorschlag:
• Die Digitalisierung im Genehmigungsprozess ist dringend voranzutreiben.
• Bürokratischer Ballast muss abgeworfen werden (Beispiel: Qualitätssiegel Nachhaltiges Gebäude QNG)

9. Ausbildungs- und Beschäftigungsinitiative für das Handwerk

Ein leistungsfähiges Handwerk ist Grundvoraussetzung für alle wirtschaftlichen und energiepolitischen Zielsetzungen im Bauwesen und der Bauwirtschaft. Wir fordern von Bund und Ländern eine konzertierte Strategie für Ausbildungsinitiativen in den Handwerksberufen und schnelle, unbürokratische Weichenstellungen hierfür.
Unser Vorschlag:
• Informations- und Motivationsprogramme an Schulen, keine Sozialabgaben für Auszubildende
• Förderung und Entlastung von Ausbildungsbetrieben, insbesondere Umschulungsförderung

Fazit

Gemeinsam können wir eine nachhaltige, zukunftsfähige und ökonomisch sinnvolle Energieversorgung schaffen, die auch ist. Wir freuen uns auf einen konstruktiven Dialog und eine weitergehende Diskussion.

Der Vorstand im Sonnenhaus-Institut e.V.

 

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