Messergebnisse bestätigen hohe Autarkie in Freiberger energieautarken Einfamilienhäusern

Mit jeweils 190 Messsensoren je Haus werden die beiden energieautarken Einfamilienhäuser in Freiberg detailliert vermessen. Foto: Timo Leukefeld

Simulation und Wirklichkeit: Bei den energieautarken Einfamilienhäusern in Freiberg stimmen sie fast exakt überein. Dies belegt der Ergebnisbericht nach vier Jahren Monitoring, den die Technische Universität Freiberg nun veröffentlicht hat. Die Gebäude, die in direkter Nachbarschaft zueinander stehen, wurden als Pilotprojekte für bezahlbare energieautarke Wohnhäuser von den Solarexperten Prof. Timo Leukefeld und Stephan Riedel gebaut. 2013 wurden sie bezogen: In einem lebt Leukefeld mit seiner Familie, das andere nutzt er als Büro für seine Firma. „Unsere Simulation ist eine Punktlandung“, freut sich Leukefeld. Wie nun wissenschaftlich bestätigt wurde, konnten 2016 rund 69 Prozent des Wärmebedarfs mit der Solarthermie-Anlage gedeckt werden, in der Stromversorgung mit Photovoltaik waren es 99,6 Prozent. „Unser Wohnhaus ist das Haus in Deutschland, das mit Abstand die höchste solare Deckung in der Wärme- und Stromversorgung hat – und das wissenschaftlich belegt“, resümiert Leukefeld.

Punktlandung bei Simulation in Freiberg

Bei dem energieautarken Wohnhaus in Freiberg hatte Leukefeld im Vorfeld einen solaren Deckungsgrad von 65 Prozent für die Wärmeversorgung simuliert, real lag er im Jahr 2016 bei 68,5 Prozent. Für die Stromversorgung waren 100 Prozent prognostiziert, in dem gleichen Jahr waren es laut Monitoring-Bericht 99,6 %.
In jedem der beiden Häuser sind 190 Messsensoren installiert. Extra für die wissenschaftliche Begleitung des Projektes hat die Technische Universität Bergakademie Freiberg eine Planstelle eingerichtet, die von Dr. Ing. Thomas Storch besetzt wird. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie unterstützt das Monitoring finanziell.

Die Einfamilienhäuser haben eine Wohnfläche von jeweils 162 m². Auf dem nach Süden ausgerichteten 45 Grad steilen Dach sind 46 m² Solarkollektoren installiert. Der Langzeitwärmespeicher hat ein Fassungsvermögen von 9,1 m³. Ein Kamin mit 25 kW Leistung steht für die Nachheizung bereit.

Auf dem gleichen Dach sind weiterhin 58 m² Photovoltaikmodule montiert. Die PV-Anlage hat eine Leistung von 8,4 kW. Blei-Gel-Akkus mit 58 kWh Speicherkapazität speichern den Solarstrom zwischen, der gerade nicht direkt im Haus verbraucht werden kann.

Zuverlässige Simulation verschafft Vertrauen

Nicht nur die hohen Autarkiegrade stimmen Leukefeld zufrieden, sondern auch die Tatsache, dass die von ihm simulierten Werte für die solare Energieversorgung fast exakt eingetroffen sind.

„Das ist oft nicht der Fall, und wenn große Differenzen dann auch noch bei Prestigeprojekten auftreten, ist es umso kontraproduktiver. Damit wird viel Vertrauen in die Möglichkeiten der Solartechnik zerstört“, sagt Leukefeld. Als Beispiel nennt er das „Effizienzhaus Plus mit Elektromobilität“, das Ende 2011 von Bundeskanzlerin Angela Merkel höchstpersönlich in Berlin eingeweiht wurde. Bei dem 2,2 Millionen teuren Modellvorhaben für die Energieversorgung mit Photovoltaik und Wärmepumpe war der Stromverbrauch in der ersten Messperiode (März 2012 bis Februar 2013) rund 75 % höher als prognostiziert (12.400 kWh anstatt 6.992 kWh). Gleichzeitig lag der Ertrag der Photovoltaikanlage etwa 20 % unter den Erwartungen. Dies führte dazu, dass in dieser Messperiode nur 9 % der prognostizierten Energieüberschüsse produziert wurden. In dem zweiten Messzeitraum (März 2013 bis Februar 2014) waren die Ergebnisse zwar besser, lagen aber immer noch deutlich unter der Prognose, wie der Monitoringbericht des Fraunhofer-Instituts für Bauphysik belegt.

Integraler Ansatz für Strom, Wärme und Mobilität

„Unser Ziel war es, zu zeigen, wie integrales Denken für Strom, Wärme und Mobilität im Bauen funktioniert und hohe Autarkie in allen drei Sektoren erreicht werden kann“, sagt Leukefeld. Dieses Ziel sieht er erfüllt. Auch beim Primärenergiebedarf schneiden die energieautarken Häuser sehr gut ab. Der spezifische Primärenergiebedarf für die Wärmeversorgung war mit 7 kWh/m²a berechnet. Real lag er in den Jahren 2014 bis 2016 zwischen 4,9 und 8,6 kWh/m²a und damit zum Teil noch unter dem prognostizierten Wert.

Der Wärmeverbrauch war in den Jahren 2014 bis 2017 zum Teil witterungsbedingt um 16 bis 33 Prozent erhöht. Trotzdem übertraf die solare Deckung des Wärmbedarfs des bewohnten Hauses in den Messperioden die Planungsdaten von 65 %. Um überschüssige Wärme im Sommer zu nutzen, baute Leukefeld einen kleinen Pool im Garten. Weiterhin wird mit einer Erdsonde passiv gekühlt.

Eine 100-prozentige Stromautarkie wurde in den ersten zwei Jahren unter anderem aufgrund unterdurchschnittlicher Einstrahlungswerte und einiger technischer Defekte nur knapp verfehlt. Mit dem solaren Deckungsgrad von 99,6% im Jahr 2016 wurde sie jedoch fast erreicht. Der geplante geringe Gesamtstrombedarf in dem Wohnhaus von 2.000 kWh/a konnte mit 2.065 bis 2.245 kWh/a bis 2016 nutzerunabhängig sehr gut erreicht werden.

Solarthermie- und Photovoltaikanlagen auf dem Dach liefern Energie für Wärme, Strom und Elektromobilität. Foto: MIchael Bader

„Das ist sehr sparsam, wenn man bedenkt, dass fünf Personen in dem Haus leben“, kommentiert Leukefeld.

Haus als Tankstelle

Der Strom aus der Photovoltaikanlage wird auch für das Elektroauto genutzt. Die Familie fährt damit rund 7.000 Kilometer im Jahr. In zehn bis elf Monaten tankt sie ausschließlich Solarstrom. Das Elektroauto und die Ladesäule hat die envia Mitteldeutsche Energie AG zu Forschungszwecken zur Verfügung gestellt. Im Rahmen der Forschung hat der Energieversorger und –dienstleister auch den Wärmespeicher in dem Haus, das als Büro genutzt wird, mit Power-to-heat bewirtschaftet.

„Ein Haus als Tankstelle für Solarstrom: Das ist die Zukunft“, sagt Leukefeld. Mit kleinen Extras leistet er weitere Beiträge zum Klimaschutz. So gibt es beispielsweise für jedes Haus eine eigene Brunnenwasserversorgung für das WC und die Gartenbewässerung.

„Wir wollten Klimaschutz im Bauen und Wohnen durch ein neues solarbasiertes Konzept attraktiv machen“, sagt Timo Leukefeld: „Die heute üblichen Ansätze sind Gängelei: Wir sollen die Fenster geschlossen halten, die Temperatur herunterregeln und das Licht ausschalten, um Energie zu sparen. So wird keine Lust am Energiesparen geweckt. Mit unserem Konzept der energieautarken Gebäude ermöglichen wir intelligentes Verschwenden anstatt blödem Sparen dank Solarenergie.“

Pressetext vom 17.12.2018 hier zum Download

Weitere Informationen:

www.timoleukefeld.de/autarke-gebaeude/einfamilienhaeuser.html

Für Presse-Rückfragen:

Timo Leukefeld, Vorstandsmitglied Sonnenhaus-Institut e.V.
Tel.: 03731 41 93 86 0

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