Mehrgenerationen-Wohnen im Sonnenhaus

In dem Zweifamilien-Sonnenhaus von Familie Schuster hat jede der drei Generationen eine Etage für sich. Durch große Solarwärme- und Solarstromanlagen können sie in den nächsten Jahrzehnten mit niedrigen Energiekosten rechnen. 

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Mit 45 Quadratmeter Solarkollektoren können in diesem Zweifamilienhaus rund 60 Prozent des Heizenergiebedarfs für die Raumheizung und das warme Wasser solar gedeckt werden. Die Photovoltaikanlage mit 7,8 Kilowattpeak Spitzenleistung erzeugt Strom für den Haushalt, die Haustechnik und Elektrofahrzeuge. / Foto: Sonnenhaus-Institut

Wenn ein Entwicklungsingenieur und seine Ehefrau, eine Architektin, gemeinsam ein Haus planen, kann man sicher sein, dass etwas Zukunftsweisendes dabei herauskommt. Wenn dann noch Experten für weitgehend solar beheizte Häuser dazukommen, geht es sogar noch einen Schritt weiter: Das neue Mehrfamilienhaus von Anke und Dr. Gerd Schuster ist nicht nur ein Paradebeispiel für durchdachtes generationenübergreifendes Wohnen, es hat auch ein Energiekonzept, das den Bewohnern in den nächsten Jahrzehnten viel Energiekosten für Wärme, Strom und Mobilität ersparen wird. Dafür sorgen die großen Solarwärme- und Solarstromanlagen auf ihrem Sonnenhaus.

Je höher, desto jünger

Als Anke und Gerd Schuster beschlossen, ein neues Heim zu bauen, galt es zunächst, die verschiedenen Wünsche und Vorstellungen „unter ein Dach“ zu bringen. Der Architektin Anke Schuster ging es vor allem darum, ein Haus zu bauen, in dem die Familie mit drei Generationen optimal zusammenwohnen kann. Sie plädierte deshalb dafür, nicht ein vertikal geteiltes Doppelhaus zu bauen, wie es der Bebauungsplan vorsah, sondern stattdessen „horizontal“ zu denken. So entstand die Idee eines Zweifamilienhauses, in dem jede der drei Generationen eine Etage bewohnt. Im Erdgeschoss mit Zugang zum Garten leben die Senioren in einer weitgehend barrierefreien Wohnung. Im ersten Stock wohnen Anke und Gerd Schuster, in dem zur Obergeschoss-Wohnung gehörenden Dachgeschoss haben die beiden erwachsenen Kinder ihre Bleibe.

Das Sonnenhaus der Familie Schuster bei Nacht / Foto: Anke Schuster

Das Sonnenhaus der Familie Schuster bei Nacht / Foto: Anke Schuster

Gerd Schuster ging es mehr um die Energieversorgung. Als Bereichsleiter bei dem Autobauer BMW ist er oft mit Fragen einer zukunftsfähigen Energieversorgung konfrontiert. So lag es für ihn nahe, im neuen Haus erneuerbare Energien zu nutzen. Er beschäftigte sich intensiv mit verschiedenen Energiesparhaus-Konzepten und stieß im Internet auf das Sonnenhaus-Institut. Das 2004 gegründete Kompetenz-Netzwerk (www.sonnenhaus-institut.de) treibt den Bau von Häusern voran, bei denen die Energie für Wärme, Strom und Mobilität zu großen Teilen solar erzeugt wird. „Die Idee, lokal erzeugte Energie mit einfachen Mitteln lokal zu speichern, gefiel mir sofort“, erzählt Schuster. „Wasserspeicher sind als Wärmespeicher robust und langlebig.“

„Süddächer sollten Energiedächer sein“

Nach Gesprächen mit Georg Dasch, Sonnenhaus-Architekt und 1. Vorsitzender des Sonnenhaus-Instituts, beschloss das Ehepaar Schuster, ein Sonnenhaus zu bauen. Dafür sprach auch, dass sie ein Dach haben, das perfekt nach Süden ausgerichtet ist. „Ich finde, Süddächer sollten konsequent Energiedächer sein“, sagt Gerd Schuster und denkt dabei auch an die Solarstromerzeugung. Er wollte nicht nur Wärme, sondern auch elektrische Energie für den Haushalt und Elektrofahrzeuge selbst erzeugen.

In dem Planungsprozess mit Georg Dasch wurde die ideale Gewichtung von Solarstrom und Solarwärme auf dem Dach ermittelt. „Die Solarthermieanlage wurde im Laufe der Zeit kleiner, dafür wuchs der Anteil der Photovoltaik“, sagt Dasch. Sein Ziel und das aller 300 Mitglieder im Sonnenhaus-Institut ist es, das Energiekonzept so zu gestalten, dass die Bewohner von einer möglichst hohen Eigenversorgung mit Solarenergie profitieren und das wirtschaftliche Optimum gefunden wird.

Die standardmäßige Einbindung einer großen Solarstromanlage ist noch relativ neu im Sonnenhaus-Konzept. Bis zum Jahr 2014 hat das Kompetenz-Netzwerk vor allem die Idee des solaren Heizens mit einer großen Solarwärmeanlage vorangetrieben. Laut Definition müssen bei einem Sonnenhaus mindestens 50 Prozent des Heizenergiebedarfs solar gedeckt werden. Dies geschah in der Regel durch eine große Solarkollektorfläche auf dem gut gedämmten und nach Süden ausgerichteten Gebäude. Große Photovoltaikanlagen wurden auch gebaut, sie hatten aber noch nicht die Bedeutung, die sie heute im Sonnenhaus-Konzept haben.

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Foto: Sonnenhaus-Institut

2015 hat das Sonnenhaus-Institut eine Neuausrichtung beschlossen. „Die große Solarwärmeanlage für umweltfreundliche Heizenergie ist immer noch zentral“, betont Dasch. „Aber wir wollen auch stärker die anderen Bereiche der Energieversorgung, Strom und Mobilität, berücksichtigen, da sie für die Energiewende und den Klimaschutz ebenso essenziell sind. Und die Kombination aus Solarwärme und Solarstrom ermöglicht nun einmal eine hohe CO2-Einsparung und die größtmögliche Unabhängigkeit vom Energieversorger.“ Entsprechend neu sind die fünf Kategorien: Sonnenhaus Standard, Autark, Plus, f (mit fossiler Nachheizung) und im Bestand.

Neue Sonnenhaus-Generation: Solarthermie und Photovoltaik

Wie ein Sonnenhaus der neuen Generation aussehen kann, zeigt das Sonnenhaus von Familie Schuster. Das Mauerwerk besteht aus dem einschaligen Wärmedämmziegel Poroton T7. Damit ist eine gute Wärmedämmung gegeben. Sie ist die Grundvoraussetzung zum Erreichen hoher solarer Deckungsgrade.

Auf dem mit 37 Grad geneigten Süddach sind 45 Quadratmeter Solarkollektoren installiert. Die Wärme, die so erzeugt wird, wird in einem Pufferspeicher mit 9.360 Liter Fassungsvermögen und zweistufiger Be- und Entladung gespeichert. Der geschossübergreifende zylindrische Pufferspeicher wird im gemeinsamen Treppenhaus durch eine illuminierte Glasbausteinwand visualisiert. Insgesamt können 60 Prozent des Heizenergiebedarfs solar gedeckt werden.

Bei der Nachheizung fiel die Entscheidung auf eine Gasbrennwertheizung. Das Gasnetz war in dem Neubaugebiet in Oberschleißheim bei München schon vorhanden. „Außerdem ist Gas als Ergänzung zu den regenerativen Energien ein langfristig robuster Energieträger“, sagt Schuster. Zudem sei der Zuheizbedarf gering. Das bestätigen die Messwerte nach drei Jahren. Im September 2012 ist die Familie in das neue Heim eingezogen. Heute wissen sie, dass sie im Durchschnitt 1.000 Kubikmeter Erdgas im Jahr für die Nachheizung von 552 Quadratmeter Nutzfläche in dem Zweifamilienhaus benötigen. Die Wärme aus der Solar- und Brennwertheizung wird über Fußboden- und Wandheizungen im Haus verteilt. Darüber hinaus ist eine zentrale Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung installiert.

Solarstrom für den Haushalt und Elektrofahrzeuge

Solarstrom erzeugt Familie Schuster mit einer Photovoltaikanlage mit 7,8 Kilowattpeak (kWp) Spitzenleistung. Sowohl die Solarkollektoren für die Wärmeerzeugung, als auch die Module für die Solarstromerzeugung sind in das Dach integriert, so dass eine homogene und ästhetische Optik garantiert ist. Das System stammt von dem österreichischen Hersteller S.S.T. Solar System Technik. Einen Teil des Solarstroms verbraucht die Familie für die Haushaltsgeräte und die Haustechnik, zum Beispiel die Lüftungsanlage. Außerdem beladen sie damit die Elektro- und Hybridautos, die Gerd Schuster immer wieder testweise zuhause hat. Der restliche Solarstrom wird in das öffentliche Netz eingespeist.

Wenn sie große Verbraucher im Haushalt wie die Waschmaschine und den Trockner immer dann einschalten würden, wenn die Sonne scheint, könnten sie ihren Eigenverbrauchsanteil erhöhen. Soweit geht die Familie aber nicht. „Wir haben die Technik installiert, ansonsten leben wir so, wie es uns gefällt“, betont Gerd Schuster. Deshalb schätzt er auch das Sonnenhaus-Konzept, das einen unbeschwerten, großzügigen Umgang mit Sonnenenergie bei höchstem Wohnkomfort ermöglicht. Seine Frau ergänzt: „Die Waschmaschine und die Spülmaschine werden mit Wärme von der Solarthermie-Anlage versorgt.“

Bei den Baumaterialien haben die Bauherren darauf geachtet, dass sie möglichst schadstoffarm sind. So handelt es sich bei dem Wärmedämmziegel Poroton um einen mineralischen Stein, der schadstoffarm und langlebig ist. Weiterhin kommt jegliche Dämmung ohne Styropor aus.

Die Flächenheizungen sorgen für eine angenehme Strahlungswärme im Haus, die alle genießen. Ebenso erfreut sich die Familie an der Sonnenwärme, die durch die großen Glasflächen direkt in den Wintergarten gelangt. Der Wintergarten der Obergeschosswohnung, der als Luftraum vom Erdgeschoss in die erste Etage reicht, erfüllt gleich zwei Funktionen. Über eine Treppe verbindet er die obere Wohnung mit der Terrasse. Gleichzeitig wird passiv viel Solarstrahlung in das Gebäude gelassen, so dass der Heizenergiebedarf reduziert wird. Eine Überhitzung im Sommer wird durch Raffstoren vermieden. Außerdem gibt es im Keller und im Obergeschoss Fenster, die sich automatisch öffnen und schließen und so dafür sorgen, dass die Temperatur im Wintergarten angenehm bleibt.

„Den Grundriss genießen wir sehr“, sagt Anke Schuster, die sich besonders über das harmonische Zusammenleben der drei Generationen freut. Sie leben unter einem Dach und haben doch alle ihre separaten Wohnbereiche. Das ermöglicht Nähe und Abstand zugleich. Eines von zahlreichen baulichen Details zum Thema Nähe und Abstand ist auch die Glastrennwand zwischen den Terrassen: Das nachmittägliche Sonnenlicht wird der Ostterrasse nicht genommen, dennoch ist die jeweilige Privatsphäre geschützt. Dem Zusammenleben tut’s gut. Nicht nur zum wöchentlichen gemeinsamen Abendessen kommt die Familie gerne zusammen. Man trifft sich im Wintergarten, im Garten oder einfach bei Anke und Gerd Schuster im ersten Stock.

Weitere Informationen: www.sonnenhaus-institut.de  

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Der Wintergarten verbindet die Erdgeschoss-Wohnung mit der Wohnung im ersten Stock. Zudem lässt er Sonnenwärme in das Gebäude, so dass der Heizenergiebedarf reduziert wird. / Foto: Sonnenhaus-Institut

Auf einen Blick – Sonnenhaus Schuster

Wohnhaus-Neubau in Massivbauweise
D-85764 Oberschleißheim, Bayern  

Einschaliges Mauerwerk mit Wärmedämmziegel Poroton T7
Fertigstellung: 2012
Nutzfläche nach EnEV: 552,6 m² (berechnet)
Kollektorfläche / Neigung: 45 m² / 37°
Kollektorfläche PV: 7,8 kWp Spitzenleistung / 37°
Südabweichung: 4 (- = Osten, + = Westen)
Speicher: 9.360 l Pufferspeicher (Jenni) mit 2stufiger Be- und Entladung
Solarer Deckungsgrad: 61% (berechnet)
Heizsystem: Gastherme in Verbindung mit einer Fußboden- und Wandheizung
Brennstoffbedarf: ca. 1.000 m³ Erdgas / Jahr (für Raumheizung und Warmwasser)
zusätzlich: zentrale Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung

Weiterführende Informationen

Pressemitteilung zur Neuausrichtung des Sonnenhaus-Instituts:
http://www.sonnenhaus-institut.de/solarenergie-vorteile-ueber-uns/sonnenhaus-institut-beschliesst-neuausrichtung.html
Sonnenhaus-Kategorien:  
http://www.sonnenhaus-institut.de/wp-content/uploads/1-Sonnenhauskriterien-2014.pdf  
Beispielrechnungen für Sonnenhaus-Förderung im Marktanreizprogramm:
http://www.sonnenhaus-institut.de/wp-content/uploads/solarfoerderung_beispiele.pdf    
Solarwärme für zukunftsgerechtes Wohnen:
Hintergrundartikel über das Sonnenhaus-Konzept sowie Informationen über die Innovationsförderung im Marktanreizprogramm, die seit April 2015 erstmals für Sonnenhäuser gewährt wird:
www.sonnenhaus-institut.de/solararchitektur/heizen-mit-pellets-und-sanieren/guenstigste-heizung-marktentwicklung/solarwaerme-fuer-zukunftsgerechtes-wohnen.html  

Für Presse-Rückfragen:

Sonnenhaus Institut e.V., Geschäftsstelle Deggendorf
Dipl.-Ing. (FH) Christian Kerschl
Geschäftsführer Sonnenhaus-Institut e.V.
Nordweg 11, 94469 Deggendorf
Tel.: 0991 / 2909844
E-Mail:    

Georg Dasch
1. Vorsitzender des Sonnenhaus-Instituts e.V.  
Telefon: 0 94 21 / 712 60
E-Mail:

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